»Wir streben für das Thema Circular Carbon Technologies eine nationale und internationale Vernetzung an«
Dem Klimawandel entgegenwirken – mit dieser Motivation ist der CIRCONOMY® Hub »Circular Carbon Technologies« 2022 an den Start gegangen. Als mittel- bis langfristiges Ziel haben sich die Initiatoren – die Institute Fraunhofer UMSICHT in Sulzbach-Rosenberg, IGB in Straubing und IWKS in Alzenau – den Transfer entwickelter Technologien in die industrielle Anwendung gesetzt. Wo die gemeinsamen Arbeiten aktuell stehen und wie sich Unternehmen und Forschungseinrichtungen in den Hub einbringen können, berichtet Katharina Reh von Fraunhofer UMSICHT im Interview.

Mit welcher Motivation seid ihr in den Hub gestartet?
Katharina Reh: Um dem Klimawandel entgegenzuwirken, muss die Energieerzeugung weitestgehend dekarbonisiert und der Rohstoffsektor defossilisiert werden. Beides kann nur über die Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft, von linearen zu zirkulären Wertschöpfungssystemen gelingen. Kohlenstoff und Wasserstoff sind hierbei die wichtigsten Verbindungselemente. Insbesondere der Kohlenstoff prägt immer noch die heutige Energiewirtschaft genauso wie unzählige Verfahren und Produkte. Daher befasst sich unser Hub mit Technologien zur Kopplung von Energie- und Rohstoffprozessen, zur Erschließung nicht-fossiler Kohlenstoffquellen, zur Kreislaufführung und Bindung von Kohlenstoff in Produkten sowie der Integration dieser Technologien in bestehende Energie- und Wirtschaftskreisläufe.
Was ist eure Zielsetzung?
Katharina Reh: Die Aufgabe des CCT Hubs besteht darin, in lokalen Anwendungszentren Pilot- und Demonstrationsanlagen für Circular Carbon Technologies zu errichten. Diese sollen dann unter Industriebeteiligung betrieben werden und so den Innovationstransfer in die Wirtschaft fördern. Mittel- bis langfristige Zielstellung des Hubs ist es, die Technologien in die industrielle Anwendung zu bringen und in regionale Produktions- und Wertschöpfungsnetze zu integrieren. Außerdem sollen der Wissens- und Innovationstransfer und ein dauerhafter Dialog zwischen Wissenschaft, Industrie und Gesellschaft ermöglicht werden.
Wo liegen Herausforderungen auf dem Weg zu Circular Carbon Technologies?
Katharina Reh: Transformation erfordert immer Transfer – von der Idee in die Praxis, vom Labor in die Anwendung. Die Herausforderung ist, diesen Übergang möglichst schnell hinzubekommen, denn die Zeit drängt. Hier müssen anwendungsorientierte Forschung und Industrie Hand in Hand arbeiten, um Technologien, die im Pilotmaßstab schon funktionieren nun in einen Anwendungsmaßstab zu bringen. Der Hub mit den geplanten Demonstrationszentren ist hier ein wichtiger Zwischenschritt.
Wo steht ihr aktuell mit eurer Arbeit?
Katharina Reh: Der CCT Hub wird derzeit weiterentwickelt und in die Umsetzung geführt. Das Projekt wird bis 2027 durch das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie gefördert. In einem Vorprojekt wurden bereits der Bedarf und das Interesse der Industrie positiv evaluiert. Anhand experimenteller Arbeiten konnte die technische Machbarkeit regionaler Kohlenstoffkreisläufe gezeigt werden. Zum Beispiel ist es uns gelungen, Biopolymere aus Rückständen der Papierproduktionsowie Basischemikalien aus der Schredderleichtfraktion aus dem Altfahrzeugrecycling zu erzeugen.In der jetzigen Projektphase werden die experimentellen Arbeiten nun erweitert. Bei der Nutzung von Reststoffen aus der Papierindustrie wollen wir weitere kohlenstoffhaltige Produkte erzeugen zum Beispiel Methacrylate, Weichmacher, Basischemikalien, Karbonisate. Die Herstellung von Grundchemikalien aus der Schredderleichtfraktion wird ebenfalls optimiert. Am Ende wollen wir so neue Kunststoffe für die bayerische Automobil- und Automobilzulieferindustrie erzeugen. Außerdem wird die Ausgestaltung des Hubs weiter konkretisiert. Wir werden umfangreiche Öffentlichkeitsarbeit machen, um Brücken zu bestehenden bayerischen Netzwerken auszubauen und Informationen zum Hub und den wissenschaftlichen Erkenntnissen zu teilen.
Besteht für Unternehmen oder Forschungseinrichtungen die Möglichkeit, sich noch einzubringen? Und wenn ja, wie?
Katharina Reh: Dazu ein klares Ja. Die fachlichen Ergebnisse zur Realisierung der Kohlenstoffkreisläufe sowie die zukünftigen Angebote des CCT-Hubs sollen im Projekt in Zusammenarbeit mit bestehenden, etablierten Netzwerken kommuniziert werden. Zunächst soll hier vor allem die regionale Wirtschaft aktiv einbezogen werden. Diese Kommunikation soll ab der Phase der Hub-Gründung verstetigt werden, um vor allem Unternehmen und Hochschulen sowie andere Forschungseinrichtungen kontinuierlich einzubinden.
Aktuell arbeiten wir daran, einen Industriebeirat für das Vorhaben zu gründen, für den wir auf die Branchen Chemie, Automobilbau, Papier und Recycling abzielen. Wir freuen uns über alle Interessensanfragen – zu diesem Beirat und darüber hinaus.
Sollen eure Ergebnisse auch auf andere (Bundes-)Länder übertragbar sein?
Katharina Reh: Der Hub ist regional ausgerichtet, aber wir streben für das Thema Circular Carbon auch eine nationale und internationale Vernetzung an. Schön wäre es, wenn sich auch in anderen Bundesländern Hubs zu anderen Themenfeldern der Circular Economy herausbilden und die einzelnen Hubs ihre Ergebnisse synergetisch nutzen könnten.